Einführung in Cocktailrezepte - 3. Old Fashioned & Co

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Vorwort

Dieser Guide widmet sich Cocktails, die man im weiteren Sinne als gesüßte und verfeinerte Spirituose interpretieren kann. Ihre Rezepte folgen zwar alle einer ähnlichen Logik, die Drinks fallen aber sehr unterschiedlich in ihrer Süße aus. Auch wenn Wermut-lastige Cocktails ebenfalls eine weite Bandbreite an Süßen abdecken können (von extrem trocken zu pappsüß) werden diese in einem anderen Guide behandelt. Damit unterscheidet sich meine Kategorisierung der Cocktail-Rezepte etwas von der Logik, die der Cocktailpodcast anwendet. Auch Sour-Rezepte, die mit einer recht fixen Balance aus Süße und Säure arbeiten, werden an anderer Stelle besprochen.

Um die Logik dieser Drink-Kategorie zu vermitteln, soll zunächst erläutert werden, wie der Old Fashioned und ähnliche Cocktails entstanden sind. Danach gehen wir auf das Basis-Rezept ein und im Anschluss werden Beispiele und Varianten erläutert.

Geschichte

Nach unserem heutigen Verständniss waren Spirituosen im (frühen) 19. Jahrhundert meist von minderer Qualität und damit nicht zum Pur-Genuss geeignet. Um Spirituosen trinkbar zu machen, bot es sich an, diese zu süßen und mit Kräutertinkturen (Cocktail Bitters) zu würzen. (Ein Vorgehen, das auch heute noch unter „Premium“-Rum-Herstellern beliebt ist.) Dies war insbesondere wichtig, bevor Eis verfügbar wurde, um mit Kälte der alkoholischen Schärfe entgegenzuwirken. Die ersten Drinks dieser Art wurden zubereitet, indem man kristallisierten Zucker gegebenenfalls mit etwas Wasser im Gästeglas unter Zuhilfenahme eines Stößels zerrieb und somit in der Flüssigkeit löste. Mit dem Einzug von Eis in die Bars wurde der Cocktail komplettiert. Während auch heute noch häufig der klassische Old-Fashioned-Cocktail mit einem zerriebenen Zuckerwürfel hergestellt wird, verwendete bereits Jerry Thomas für seinen „Whiskey Cocktail“ im „Bartenders’ Guide or How to Mix Drinks“ (1862) (dem ersten wirklich relevanten Cocktail-Buch) Zucker-Sirup („gum syrup“), der sich besser dosieren und lösen lässt als geriebener Zucker. Die Drink-Kategorie „Cocktails“ umfasste damals nur solche Rezepte, die auf dem Prinziep: Spirituose + Zucker + Cocktail-Bitter (+ Likör) + Eis basierten. Andere Drink-Kategorien existierten zwar bereits wurden aber erst später als „Cocktails“ bezeichnet. Die Bezeichnung „Old Fashioned“ kam erst später auf und bezog sich von da an auf den „Whiskey Cocktail“.

Logik der gesüßten Spirituose

Das Ziel dieser Drink-Kategorie ist eine, nicht unbedingt zum Pur-Genuss geeignete Spirituose, durch Zugabe von Zucker genießbar zu machen. Zucker alleine macht den Drink allerdings noch nicht interessant. Um Komplexität in den Geschmack zu bringen wird die Spirituose noch „gewürzt“. Dekoration kann darüber hinaus ebenfalls zum Geschmack und/oder zum Geruch des Drinks beitragen. Das Kühlen des Drinks mit Eis wirkt durch die Kälte und das Schmelzwasser der alkoholischen Schärfe entgegen. Grafisch lassen sich die Drinks etwa so beschreiben:

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Liköre können gleichzeitig Süße und Würze beitragen. Daher lassen sich viele Cocktails dieser Kategorie auf zwei Hauptzutaten (Spirituose und Likör) reduzieren.

Spirituose

Häufig wird eine gelagerte Spirituose hergenommen, da diese höchstens leicht modifiziert werden müssen um trinkbar zu werden.

Süße

Wie viel Süße der Drink benötigt hängt von der Qualität der Spirituose und vom persönlichen Geschmack ab. Zucker kann entweder in fester Form mit den anderen Zutaten gelöst werden oder bereits gelöst als Zuckersirup, Ahornsirup, Honig, Likör, anderweitiger Sirup, etc. hinzugegeben werden. Kristallisierter Zucker oder sehr dickflüssige Sirup (Honig, Agavendicksaft) sollte in der Spirituose (oder mit etwas extra Wasser) gelöst werden, bevor die Zutaten kalt gerührt werden.

Würze

Um den Drink geschmackliche Komplexität zu verleihen, können wenige Spritzer Cocktail-Bitters, Absinth oder etwas (Kräuter-)Likör verwendet werden. Wenn Cocktail-Bitters verwendet werden ist es wichtig sie so behutsam zu dosieren, dass der Drink zwar gewürzt wird aber selbst keinen bitteren Geschmack annimmt. Auf Grund seines intensiven Geschmacks muss Absinth in der Regel noch vorsichtiger dosiert werden. Häufig wird dazu ein Sprühfläschchen verwendet oder das Glas wird kurz mit etwas Absinth ausgewaschen. Im Grunde ist es auch möglich mit frischen Kräutern zu arbeiten. Als Beispiel könnte man die Minze in einem Julep (siehe unten) anführen.

Eis

Die Cocktails aus dieser Kategorie werden zumeist aus Eis gerührt und dann ins Gästeglas gegen. Die Drinks können mit oder ohne Eis serviert werden. In gehobenen Bars entscheidet man sich heute häufig dazu den Drink in einem Tumbler auf einem einzelnen großen Eiswürfel (oder einer Kugel aus Eis) zu servieren. Dies soll vermeiden, dass der Drink am Ende zu stark verwässert. Wenn der Cocktail ohne Eis gereicht wird, kann er auch in einem Glas mit Stiel serviert werden.

Ähnlich wie Wermut-Cocktails müssen Old-Fashioned-artige Cocktails nicht maximal kalt zubereitet werden. Die Temperatur und Verwässerung des Drinks sollte vielmehr so dosiert werden, dass die Spirituose am besten zur Geltung kommt. Zu viel Kälte unterdrückt nicht nur den Alkohol sonder auch den übrigen Geschmack der Zutaten. In Einzelfällen kann man sogar in Betracht ziehen den Drink überhaupt nicht zu kühlen, z.B. wenn die Spirituose, für sich genommen, bereits zum Pur-Genuss geeignet wäre.

Dekoration

Bei einigen dieser Cocktails wird eine Zitronen- oder Orangenzeste über dem Gästeglas ausgedrückt, um den Drink mit dem Geruch des Öls in der Schale der Zeste zu versehen. Ob die Zeste anschließend mit ins Glas gegeben wird, kommt darauf an, wie stark das Öl auch zum Geschmack beitragen soll.

Manchmal wird als „Deko“ auch eine echte(!) in Alkohol eingelegte Cocktailkirsche beigegeben. Diese kann ihrerseits dem Drink geschmackliche Komplexität verleihen. Achtung(!), die hellroten „Cocktailkirschen“, die man häufig im Supermarkt kaufen kann, sind rein künstliche Produkte aus Zucker und haben nichts im Drink verloren.

Klassische Old Fashioneds

Der Old Fashioned und andere ganz klassische „Cocktails“ bestehen in erster Linie aus einer Spirituose, Zucker und Cocktail-Bitter.

Old Fashioned (alias: Whiskey Cocktail)

Menge Zutat
6 cl Rye oder Bourbon Whiskey
ca. 0,5 cl Zuckersirup
2-3 dash Angostura-Bitter
Zitronen- oder Orangenzeste


Foto:@BrOF

Wir geben hier explizit ein Rezept mit Zuckersirup und nicht mit einem Zuckerwürfel an. Der Zuckersirup lässt sich deutlich besser dosieren und dessen Menge sollte durch Probieren auf den Whiskey abgestimmt werden. Wenn man sich über die benötigte Menge an Süße noch unsicher ist, sollte man vorsichtshalber mit einer knappen Menge Sirup starten. Es ist immer einfacher nachzusüßen, als zu viel Süße mit der Zugabe von mehr Spirituose zu kompensieren.

Es sei noch zu erwähnen, dass ein Old Fashioned niemals eine Orangenscheibe oder eine Fake-Cocktail-Kirsche enthalten sollte.

Im Folgenden listen wir ein paar Rezepte die ein Geschmacksprofil haben, dass dem Old Fashioned ähnelt.

Beispiele

  • Sazerac Cocktail: 6 cl Cognac oder Rye-Whiskey, 0,5 cl Zuckersirup, 2 dash Peychaud-Bitter, Zitronen- oder Orangenzeste, das Gästeglas wird zunächst von innen mit Absinth eingesprüht oder ausgewaschen
  • Rum Old Fashioned: 6 cl gelagerter Rum, 0,5 cl Zuckersirup, 2-3 dash Angostura-Bitter, Limetten- oder Orangenzeste

Mit Likör gesüßte Spirituosen

In dieser Unterkategorie wird nicht neutraler Zucker sondern geschmackvolle Sirups oder Liköre zum süßen verwendet. Diese ergänzen gleichzeitig das Geschmacksprofil der Spirituose und übernehmen damit die Aufgabe der Würze. Häufig fallen diese Cocktails etwas süßer aus als die oben aufgeführten des Old Fashioneds.

Als klassisches Beispiel für einen Cocktail dieser Kategorie führen wir hier den Japanese Cocktail an, der dem Old Fashioned noch vergleichsweise ähnlich ist:

Japanese Cocktail

Menge Zutat
6 cl Cognac
0,5-1,5 cl Orgeat (z.B. von Meneau)
1 dash Bogart’s-Bitter
Zitronenzeste

Beispiele

  • Padovani: 5 cl Scotch, 2 cl St. Germain (Holunderblütenlikör)
  • Hunter Cocktail: 6 cl Rye Whiskey, 2 cl Kirschlikör
  • B&B: 4 cl Brandy, 2-4 cl D.O.M. Bénédictine (Kräuterlikör), Zitronenzeste
  • Fancy Free Cocktail: 6 cl Bourbon, 1,5 cl Maraschinolikör, 2 dash Angostura-Bitter, 2 dash Orange-Bitter, (Orangenzeste oder Cocktailkirsche)
  • First Time Caller: 7,5 cl gereifter jamaikanischer Rum, 0,75 cl Crème de Cacao, 0,75 cl Bananenlikör, 2 dash Angostura-Bitter, Orangenzeste, Cocktailkirsche
  • Canton: 6cl Rum, 1 cl Triple-Sec, 1 cl Maraschinolikör, ca. 0,3 cl Granatapfelsirup, (Cocktailkirsche)
  • Elder Fashioned: 6 cl Bourbon, 2 cl St. Germain, 1 dash Orange-Bitter, Orangenzeste
  • Purgatory: 5 cl Rye-Whiskey, 1,5 cl Chartreuse Vertre, 1,5 cl D.O.M. Bénédictine (Kräuterlikör), Zitronenscheibe oder Zitronenzeste
  • El Camino (The Chestnut Club): 3 cl Rye Whiskey, 3 cl Mezcal, 1,5 cl D.O.M. Bénédictine (Kräuterlikör), Peychaud-Bitter, (Angostura-Bitter), Orangenzeste
  • L.E.S. Globetrotter: 4 cl Rye-Whiskey, 2 cl Cognac, 2 cl D.O.M. Bénédictine (Kräuterlikör), 1,5 cl Orangenlikör, Orangenzeste
  • Bananarac: 3 cl Armagnac, 3 cl Rye-Whiskey, 1,5 cl Bananenlikör, 0,25 cl Zuckersirup, 1 dash Aromatic-Bitter, Absinth, Zitronenzeste
  • Professor Langnickel: 3 cl Kirschbrand (Morand Kirsch Vieux), 2 cl Kirschlikör (Guignolet de Dijon von Gabriel Boudier), 2 cl Pedro Ximénez Sherry , Zitronenzeste, 3 in Kirschbrandy eingelegte Maraska Kirschen

Mild - Brandy Alexander und Co

Wie schon bei den Sours besprochen kann auch ein Old-Fashioned-artiger Cocktail durch Zugabe von Sahne abgemildert werden. Der heutzutage bekannteste Vertreter dieser Kategorie ist wahrscheinlich der White Russian. Aus historischen Gründen, und weil der White Russian als Vodka-Cocktail mit dem Grundsatz Bricht, dass sich der Geschmack des Cocktails auf der Spirituose basiert, führen wir hier als Paradebeispiel den Brandy Alexander an:

Brandy Alexander

Menge Zutat
3-6 cl Cognac
3 cl Crème de Cacao
2 cl Sahne
geriebene Muskatnuss

Bei diesen Cocktails wird die Sahne entweder direkt in den Drink gemixt, oder sie wird separat geschlagen und als Topping auf den kalten Drink serviert. Der letztere Fall dient mehr der Präsentation. Die ist Idee ist auch in diesem Fall, dass der Gast die Sahne zum trinken mit den Spirituosen verrührt.

Beispiele

  • Montblanc: 4 cl Cognac, 4 cl Coitreau, 4-6 cl Sahne
  • White Russian: 6 cl Scotch, 3 cl Kaffeelikör, ca. 3 cl Sahne, geriebene Muskatnuss (optional)

Juleps - Die Frische Variante mit Minze

Mint Julep

Menge Zutat
6 cl Bourbon-Whiskey
0,5-1,0 cl Zuckersirup
15-20 Minzblätter


Foto:@lupullus

Der Drink wird traditionell in einem Silberbecher gebaut. Zunächst wird die Minze mit dem Sirup im Becher gestößelt. Der Zuckersirup bekommt 1-2 Minuten Zeit Aromen aus den Blättern zu ziehen (ruhen lassen). Dann wird der Becher zu 2/3 mit Crushed-Eis gefüllt. Der Bourbon wird auf das Eis gegeben und alles wird solange im Becher verrührt, bis sich außen am Becher eine Eiskruste bildet. Anschließend wird der Rest des Bechers mit Crushed-Eis gefüllt, bis ein Haufen Eis über den Becherrand hinausschaut. Man gibt einen kurzen Trinkhalm in den Becher, Drückt das Eis etwas an und steckt noch einen Büschel Minze ins Eis.
(Manchmal werden Bourbon und Crushed Eis auch in kleineren Portionen mehrfach in den Becher gegeben und dazwischen immer wieder verrührt.)

Beispiele

+ Säure = Ti Punch und Co

Beispiele

  • Casino Cocktail: 5 cl Old Tom Gin, 0,5 cl Maraschinolikör, 0,5 cl Zitronensaft, 2 dash Orange-Bitter, (Cocktailkirsche)
  • Quarter Deck: 5 cl Rum (schwerer Rum im spanischen oder englischen Stiel), 2,5 cl PX Sherry, 0,5 cl Limettensaft
  • Maple Leaf: 6 cl Bourbon, 1,5 cl Zitronensaft, 1 cl Ahornsirup, Zitronenzeste

Weiterführende Informationen

Cocktailpodcast - Basically an Old Fashioned (über Cocktail-Kategorien)
Cocktailpodcast - Kategorisierung alkoholischer Mischgetränke – Eine differenzierte Betrachtung
Cocktailpodcast - Cocktailbitter
Bar-Vademecum - Sazerac Cocktail
Bar-Vademecum - Japanese Cocktail
Mixology - Die Geschichte des Cocktails Teil 2: Der Whiskey Cocktail
Mixology - Die Geschichte des Cocktails Teil 4: Der Japanese Cocktail (1862)
Mixology - Die Geschichte des Cocktails, Teil 9: Der Sazerac (1899)

1 „Gefällt mir“

Kristalliner Zucker löst sich meines Wissens nach nur sehr schwer in Spirituosen auf und sollte deshalb vorab mit etwas Wasser aufgelöst werden.

Old Fashioned 101

Das Problem hat wohl auch dieser 13-Jährige mit seinem Old Fashioned gehabt und mit der Untersuchung des Problems einen 5. Platz bei Jugend-Forscht gemacht. :grinning:

Kann eigentlich jemand von euch bestätigen, dass Spirituosen bereits bevor Eis verfügbar wurde gezuckert wurden, indem man den Zucker im Gästeglas zerrieben hat? Ich bin mir ziemlich sicher dies Info irgendwo gelesen zu haben, inklusive der Zusatzinfo, dass Gläser aus der Zeit häufig eine Ringförmige Schleifspur am inneren Glasrand aufweisen, wo der Stößel (Mörser, etc) am Glas entlang gefahren ist. Ich habe die passende Passage aber nicht mehr in meinen Cocktailbüchern gefunden …

Ich habe vor einigen Jahren in einer kleinen Bar in Berlin einen Old Fashioned bestellt. Der Barkeeper (immerhin Mixology Short List) hat dafür ein Stück Würfelzucker im Rührglas zerstoßen und mit Alkohol, Bitters und Eis kaltgerührt. Anschließend wurde alles in ein Glas mit einem riesigen Eiswürfel abgeseiht. Der Zucker landete unglücklicherweise auf dem Eis und da dieses aus dem Drink herausragte bekam ich einen recht trockenen Old Fashioned …

:grimacing:

Vorab erstmal wieder fettes danke für den mega Beitrag. Einfach klasse @lupullus

Einfacher Drink, bei dem man wirklich viel falsch machen kann. Hatte ihn zum ersten Mal gemixed… fand ihn überhaupt nicht gut. Nach Anleitung durch @Mixael dann nochmal probiert und siehe da…heute wirklich meine No 1. Wahnsinns Drink. Ein absoluter Traum mit Rye!