Einführung
Die Bücher von Tristan Stephenson waren mir kürzlich bei einem Freund in die Hände gefallen. Die Aufmachung der Bücher (Haptik und Bebilderung) hatte mich direkt angesprochen. Auf den zweiten Blick stellte ich fest, dass sich die Bücher mit fortgeschrittenen Zubereitungstechniken und komplexeren Rezepten nicht nur an Anfänger sondern insbesondere auch an Cockail-Enthusiasten richteten. Darauf hin entschied ich mich Volume I und Volume II von „The Curious Bartender“ zu bestellen und daheim weiter zu lesen.
Die Bücher bestellte ich signiert direkt beim Author in Großbritanien. Ein bisschen Geduld war erforderlich, da die Bücher, dem Brexit geschuldet, durch den Zoll mussten und erst knapp einen Monat später bei mir eintrudelten. Mit Auslandsporto, 5€ Zollgebühr und 6€ Bearbeitungsgebühr der Post, habe ich hier sicherlich mehr als nötig gezahlt. Man bekommt die Gebundenen Ausgaben in Deutschland wohl auch um die 15€ und die online Version für etwa 10€!
Nun wollen wir zunächst den Band I mit dem Untertitel „The Artistry and Alchemy of Creating the Perfect Cocktail“ besprechen. Streng genommen habe ich hier nicht die ursprüngliche Ausgabe von 2013 sondern die überarbeitete Ausgabe von 2016.
Inhalt
Der erste Teil des Buches beginnt mit einer kurzen Abhandlung über die Sinneseindrücke mit denen wir einen Cocktail erleben, gefolgt von einer Grafik in der klassische Cocktails entlang zweiter Achsen von trocken nach süß und stark bis verlängert sortiert werden. Gefolgt davon, werden grundlegende aber auch hoch komplexe Zubereitungstechniken von Cocktails beschrieben. Dieses Technik-Kapitel ist zwar nicht so lang wie Jeffrey Morgenthalers „The Bar Book - Elements of Cocktail Technique“, ließt sich aber ähnlich spannend. Besonders interessante Themen sind:
- Die Physik des Eises
- Die Chemie der Säuren
- Infusionen
- Gele
- Clarification
- Smoking
- Schaum
- Ageing
Es werden jeweils unterschiedliche Techniken (von super simpel bis zum Labor) beschrieben. Einige werden später exemplarisch in Cocktailrezepten aufgegriffen. Abgesehen von diesen Beispielrezepten muss man aber sicher noch weitere Lektüre studieren, um die fortgeschrittenen Techniken anzuwenden.
Insgesamt ist dieser erste Teil des Buches mit vielen wissenschaftlichen Informationen gespickt, die interessant sind, aber sich nicht zu tief in die Materie einsteigen, so dass immer noch Platz für nerdige Diskussionen gelassen wird.
Im zweiten Teil werden Cocktailrezepte, sortiert nach der Basis-Spirituose, vorgestellt. Die Rezepte sind meist schön bebildert und ein paar Absätze beschreiben die Geschichte des Cocktails und was ihn besonders macht.
Viel wichtiger aber: Die Rezepte werden jeweils als Paare präsentiert. Zunächst wird ein Klassiker vorgestellt. Darauf folgt eine Eigenkreation von Stephenson, die mit dem Klassiker mehr oder weniger verwandt ist und die im ersten Teil des Buches beschriebenen Techniken anwendet. Im Gegensatz zu den Avantgarde-Rezepten aus Stephan Hinzes „Cocktailkunst - Die Zukunft der Bar“ (2014) hat man hier bei vielen Rezepten zumindest die Chance den Drink selbst zuzubereiten (mit entsprechender Vorbereitung versteht sich). Die teils sehr komplexen Rezepte machen entsprechend präzise Angaben bei welcher Temperatur welche Zutaten wie lange zubereitet werden müssen, etc. Allerdings finden sich auch hier Rezepte, die unmöglich nachzuahmen sind und dementsprechend das Siegel „Mixology Impossible“ tragen.
Zu den realistischeren Rezepten, die direkt Lust aufs Experimentieren/Kochen machen gehören z.B.:
- Champagne Gin Fizz - ein in der Flasche fermentiereter Gin Fizz
- Aviatrix - eine Aviation-Variante mit selbstgemachtem echten(!) Veilchenlikör
- Isoamyl Acetate Old Fashioned - Old-Fashioned-Variation mit selbstgemachtem Banan-Sirup und Walnuss-Bitter
- Maillard Tai - eine Mai-Tai-Variante mit selbstgemachtem Orgeat und gedörter, sowie flambierter Ananans
Fazit
Ein Einsteiger bekommt mit diesem Buch 32 klassische Cocktailrezepte, schöne Bilder und eine paar interessante Fakten zu den Themen: Cocktails mit Eis kühlen, Säuren und das Zusammenspiel unterschiedlicher Geschmackskomponenten.
Ein Cocktailnerd bekommt eine Sammlung von Fun-Facts, viele Anregungen für Zubereitungstechniken. Und ca. 15 Challenges zum nachkochen.
Für den niedrigen Preis kann man hier sicherlich nichts falsch machen, auch wenn man als fortgeschrittener Connoisseur in dem Buch keine neuen Rezepte, zum schnell mal ausprobieren, finden wird. Es ließt sich allemal unterhaltsam.
Wer nur an dem Technik-Teil interessiert ist und weder die klassischen noch die fancy Rezepte braucht, kann sich aber auch direkt den aktuelleren zweiten Band kaufen und kann sich den ersten Band sparen.