Ich weiß, dass ich damit vermutlich eine Minderheit innerhalb unserer Minderheit der Cocktailnerds bilde, aber ich shake meinen Mai Tai immer auf vernünftigen Eiswürfeln mit 3 cm Kantenlänge und serviere ihn dann auf einen Eiswürfel mit 5 cm Kantenlänge gestraint.
Bei mir gab es heute folgende Drinks:
Trident und 1919
Tl;dr: Zwei sehr leckere, gerührte Cocktails und dazu ein wenig Meddl.
Weil das Wetter wieder kälter wird, können auch getrost gerührte Drinks ins Glas, die nicht ganz so sommerlich und frisch sind. Für mich war der 1919 im Glas.
Trident
Von Robert Hess kreiert, indem er beim Negroni Template alle Zutaten durch ähnliche, aber weniger verbreitete Ingredienzien ausgetauscht und Pfirsich Bitters hinzugefügt hat. Zur Entstehungszeit Anfang der 2000er Jahre, gab es in Seattle nur eine Bar, die die nötigen Zutaten parat hatte und somit den sogenannten Trident Test bestand. 
Rezept:
• 3 cl Aquavit (Linie Double Cask Port)
• 3 cl Sherry (Lustau Los Arcos Amontillado)
• 3 cl Artischocken Amaro (Cynar)
• 2 Dashes Pfirsich Bitters (The Bitter Truth)
• Garnitur: Zitronenzeste
Kaltgerührt und auf frisches Eis abgeseiht. Mit der Zeste besprühen.
Reichlich Kümmel, dazu medizinische Noten, oxidativer Sherry, ein fruchtiges, von Pfirsich und Zitrone geprägtes Finish, sowie Anklänge von Vanille, Sternanis und Waldmeister. Profitiert sehr von Schmelzwasser. Sehr frisch für einen gerührten Spirit forward Cocktail.
1919
Ich habe wenige Informationen über diesen Cocktail gefunden, aber wie es aussieht ist er 2008 von Ben Sandrof in Boston kreiert worden. Das Rezept ist ja quasi ein equal parts Manhattan mit etwas Kräuterlikör, also genau mein Beuteschema.
Rezept:
• 4 cl Wermut Amaro (Punt e Mes)
• 2,25 cl Rye Whiskey (Rittenhouse)
• 2,25 cl funky Jamaica Rum (Smith & Cross, im Original wohl der indische Old Monk Rum)
• 1,5 cl französischer Kräuterlikör (Bénédictine)
• 1 Dash Chocolate Bitters
• Garnitur: Cocktailkirsche (bei mir Griottine mit Stiel)
Ebenfalls kaltgerührt, aber straight up serviert und mit der Kirsche garniert.
Kräuterig, süß, würzig und komplex mit dezenter Weinsäure und etwas Bitterkeit.
Kräuterbonbons, Gewürze, Honig, funkyger Melasserum, etwas getreidiges/malziges, Karamell, Röstaromatik, Wein, Vanille. Sehr auf der süßen Seite, aber irgendwie nicht klebrig sondern angenehm.
Ich wollte erst noch eine Zeste verwenden, aber selbst ich alter Zestenfetischist gestehe, dass diese beim 1919 nicht notwendig ist.
Der Drink lohnt sich definitiv. Funktioniert vermutlich auch nicht mit jedem süßen Wermut, sondern es bedarf des speziellen Aromas von Punt e Mes, der ja quasi Wermut mit Amaro gemischt ist.
Stephane’s Approval Letter
Von Tim Kirkland für Stephane Foisy kreiert. Ich habe den Drink vor kurzem auf Tims Instagram Account entdeckt: https://www.instagram.com/p/DNndFnLAy2y/?igsh=MXY3d2ZvZTZrZ3d0NA==
Rezept:
• 6 cl Rye Whiskey (Rittenhouse)
• 3 cl Artischocken Amaro (Cynar)
• 1 cl Fernet (Fernet Branca)
• 4 dashes Orange Bitters (The Bitter Truth)
• Garnitur: Orangenzeste
Kaltrühren und straight up servieren.
Ich hätte mir den Drink, in Anbetracht der Zutaten, stärker und bitterer vorgestellt. Geht richtig gut runter, ist aber gleichzeitig schön vielschichtig und interessant.
Der Fernet kommt, wie immer, stark durch und bringt die typische kräutrige Mentholnote ein, die wunderbar mit dem würzigen Rye und dem bitteren Cynar harmoniert. Dazu eine stimmige Süße, die alles untermalt.
Gefällt mir.