Ich denke im Tasting-Thread wäre es unangemessen das vorwegzunehmen. In der Cocktails & Barkultur-Facebook-Gruppe hatte ich eine Absinth-FT mal gemacht. Poste ich sicher auch noch auf meiner Page (wenn man das hier erwähnen darf ;)).
Hier nur zur Information meine Notes (reines Purt-Tasting) und Ratings:
Absinthe Bourgeois 55%
N: Oh schön, überrascht mich positiv als kein großer Fan von Anis/Lakritz/Absinth/etc, hat was einladendes, oldschooliges, keine reine Anis-Bombe, Anklänge von Zitrusschalen sogar, lange getrocknete, dazu deutlich Fenchelsamen, fast etwas von Tabakblättern, Gurke, dahinter natürlich auch etwas Anis und sehr hochwertige Lakritz aber dezent, die weniger % als die anderen tragen auch zum einladenden bei
T: Auch hier postiiv überrascht, knackig, schöne Zitrustöne von Zitronen- und Limettenschale, Fenchel, Leinsamen, etwas Thymian und sehr frisches, nicht wie bei anderen so überkonzentriertes Anis, Wermutkraut, sehr schönes Mundgefühl auch mit 55%, cremig, seidig, fast wie Milch
F: Auch hier tun die weniger % gut, kein Brennen, auch kein übermäßiger Hustensaftcharakter wie ich es von manchen kenne, schöne (frische) Kräutermischung in ätherischen Ölen, dazu Zitrusfrische, Eukalyptus
9/10
St. George Absinthe 60%
N: Geil, würde ich blind fast nicht aus Absinth kommen, hat was von einer eigenen Kategorie, als würde man tollen Rye mit Zitronenbalsam mit Tick Absinth mischen, sehr aromatisch, hätte ich gerne als Parfüm (auch wenn es dann leichte Oma-Anklänge hätte), erinnert mich extrem an so hochwertige Balsamcremes für Muskelregeneration, Zitronenöl, Fenchel, Thymian, Kumin, grüner Tee, Rosmarin, Lavendel, etwas Süßholz, allerlei getrocknete Blüten
T: Hui, sehr intensiver Antritt, intensives Basilikum, Estragon, dahinter Anis, leicht säuerlich werdend, wie ein Brand von Stählemühle aus jenen Kräutern direkt, dahinter Wermut, Lakritz, etwas Zitronenschale, Lavendel, insgesamt aufjedenfall doch mehr Absinth als die Nase vermuten ließ, mehr Speichel macht ihn runder, mainstreamiger, Süßholz, Estragon, Tick Baumrinde, Eiche fast schon
F: Fenchel schön nach vorne, fast schon was Zimt-artiges dabei, Sternanis, sehr nett, leicht bitter werdend, wieder an Eichennoten erinnernd, rund und abwechslungsreich
8.5/10
Vieux Pontarlier 65%
N: Uh spannend, was erdiges, dunkles, schwarzer Pfeffer zermahlen und etwas frische Walderde mit Moos, angebrannter, brauner Zucker, sehr schwerer, dunkler Anis, Wermut und irgendwie dahinter aber auch was floral-süßes, frische Minze, manchmal kurz Madagaskar-Vanille und Zitrusschale in Zuckereingelegt, muss gestehen eine der schönsten, spannendsten und interessantesten Spirituosennasen, die ich außerhalb hochwertiger Whiskys bisher hatte
T: Spicy Antritt, grüner und etwas weißer Pfeffer, Moos und Eukalyptus, schönes, frisches Anis und Limettenschale, dahinter dann deutlich Süßholz und etwas Wermut, später Fenchel und auch die floralen Töne kommen zurück mit mehr Speichel, Holunderblüten dazwischen, immer wieder kurze Spikes von grünem Pfeffer bleiben, Kardamom, etwas Kampfer, Zitrus und Pfeffer spielen im Wechsel mit Anis schöne geteilte Ensemble-Rollen
F: Hui, minty, selbstgemachte Bio-Zahnpaste in den ersten Sekunden beim Runterschlucken im positiven Sinne, dann Leinsamen, Fenchel, Kampfer, die Limettenschale kommt schön wieder, Pfeffer ist jetzt nur noch im letzten Ton sanft eingebunden, etwas Dill wie von Aquavit kommt noch ganz am Ende
9/10
Duplais Verte 68%
N: Was geht, so unterschiedliche Aromen bei Absinths, habe hier sehr deutlichen Kakao und dunkle Schokolade, bisher noch bei keinem Absinth, Kaffeebohnen, eine dunkle Süße, nicht ganz so komplex wie manch anderer, aber sehr einladend und mysteriös, sehr aromatischer, fast Parfüm-artiger Anis und Wermutgeruch, klingt alles jetzt künstlich-süß aber ist es nicht, immer ist es vor der Grenze künstlich zu wirken und wird wieder in die Finsternis runtergezogen, Tick Thymian und Bleistiftmine
T: Wouh, noch spitzerer und spicier als der Pontarlier, eine ölige Spritze in die Zunge aus weißem Pfeffer, Wermutkraut, Sternanis, etwas Nelke und Fenchel, kommt mit Speichelfluss nach 6-8 Sekunden runter, Lakritz kommen dazu, die semi-süße Sorte schon, eher schwarzer Pfeffer jetzt, grüne Paprika, Kakaobohnen nur noch dezent hinten, Zucchini, Tick Dill, Lavendel, brauner Zucker, Hauch Limette, aber gute Ecke weniger Zitrus als die bisherigen
F: Hui, Dill kommt auf schöne Art mehr nach vorne zusammen mit Fencheltee, braunem Zucker, Enzian, der hat wirklich was von hochwertigem Hustensaft, aber nicht so süß, ehr schön trocken-balanciert mit schönen Kräutern aus dem ganzen Garten, lang, komplex, mild
8/10
Pernod Supérieure 69%
N: Anis, fast eine Art Waldmeister recht deutlich dahinter, Nesseltee, etwas Gurke und Fenchel, säuerlich-vegetale und Hauch künstliche Mischung, etwas Wermutkraut
T: Recht süßlicher Antritt, zieht sich bis zum Ende durch als Unterton, Sternanis, Wermutkraut, Lakritz, leicht holzige Töne, Gurke, etwas Dill, Nesseln wieder, Waldmeister ist noch im Hintergrund, aber deutlich dezenter, alles sehr ausbalanciert, fast nichts spielt sich in den Vordergrund
F: Hier wird er einen Hauch rau, seltsam eichig-tanninig, sehr getrocknete Kräuter, getrocknetes Sternanis ausversehen im Gebäck angebissen, Nesseltee weiterhin, Fenchel, bisher das unangenehmste Finish, nicht schlimm, aber deutlich unabalancierter als der Rest und die Tannine bleiben auch recht lang
7/10
Grande Absente 69%
N: Deutlich die eintönigste der Nasen bisher, Standard leicht gesüßter Anis, Wermut etwas Fenchel noch, mehr nicht wirklich, ganz leichte Dill-Hintergrundnote
T: Für die % recht runder Antritt, Anisbalsam, Fenchelsamen, Dill, Kräutertee, etwas Lakritz und weißer Zucker, Tick Zitronenschale, nicht sehr komplex, aber schon ganz gut balanciert
F: Anis, Lakritz, Fenchel, etwas pappig und direkt, Dill, mittellang
6,5/10
Fazit: Die ersten 4 sind wirklich alle spannend als Spirituose auf ihre Art, auch pur. Selbst den Pernod kann man auch pur gut genießen und der Grande Absente ist auch nicht komplett ungenügend, einfach sehr eintönig im Vergleich, da spiegelt der Preis die Qualität diesmal gut wieder im Test. Aber selbst der letzte, wenn man wirklich auf’s Geld schauen muss, kann noch gut als Mixing-Absinth herhalten. Beim Pernod stört mich gerade für das Mixen (pur war es noch interessant) diese Waldmeister-Beinote, die ich eher weniger als Absinth Beigabe im Cocktail gerne hätte, der St. George ist halt für hochwertige Cocktails entworfen worden und wird sich natürlich gerade im Sazerac, da schon im Mund/Aroma ein halber Rye top einbringen, aber auch die anderen 3 bestbewerteten kriegen eine Dicke Empfehlung von mir. Bin mal wieder sehr überrascht, wie man mit allgemeiner großer Spirituosenerfahrung inzwischen auch bei ganz neuen Kategorien so viel mehr Unterschiede entdeckt als man erwartet, bzw. früher gefunden hätte.