Spannende Frage, die mich auch schon häufiger beschäftigt hat.
Es gibt natürlich Gäste, die immer überfordert sind mit Karten und Kategorien oder letztere falsch verstehen, wie @microboy gerade angemerkt hat. Ich denke, dass es den selben Gästen aber noch schwerer fallen sollte nur Anhand von Zutaten einen Drink einzuordnen.
Eine Idee
Wenn die Sorge besteht, dass die Gäste die Kategorien nicht- oder missverstehen, sollte man sich vielleicht überlegen, durch welche Fragen man normalerweise dem Gast eine Empfehlung ausspricht. Ich frage meine Gäste zum Beispiel gerne, was sie sonst für Alkohol trinken. Wenn sie dann nicht nur Bier sagen, sondern z.B. trockenen Wein, dann weiß ich, dass man vielleicht in die Richtung von nem Mahattan gehen kann. Wenn sie sagen Whisky, dann empfehle ich einen Old Fashioned, wenn sie sagen Rum, dann empfehle ich einen Old Fashioned mit mehr Zucker . Nach dieser Philosophie könnte man vielleicht Kategorien aufmachen wie:
- was allen schmeckt (Sours)
- für Liebhaber/innnen von trockenem Wein (Manhatten, Martini, etc.)
- für Liebhaber/innnen von puren Spirituosen (Old Fashionds und Co.)
- wer es gern bitter hat (Negroni, Boulevardier, etc.)
- heiße Sommernächte (Fizzes und Collinses)
- Fanzy prickelnt (Schaumwein-Cocktails)
Mein aktuelles Vorgehen
Auf der Cocktailkarte meiner Hausbar verfolge ich einen ähnlichen Ansatz, wobei ich hier hauptsächlich den Geschmack versuche zu beschreiben. Aber vielleicht könnte man den Kategorien noch nähere Beschreibungen verleihen, wie „für Trinker von trockenem Wein“…
Wenn ich Cocktailrezepte erkläre, indem ich sie auf Basisrezepte herunterbreche, komme ich teils auf eine etwas andere Gliederung (Siehe mein Cocktailrezept-Guides, Teil 1, Teil 2 und Teil 3).
Zu oben genannten Einteilungen
Mir taugt die Einteilung vom Cocktailpodcast nicht. Ein Old Fashioned ist in erster Linie eine gesüßte Spirituose. Der Bitter wird hier zwar verwendet, um etwas Komplexität in den Drink zu bringen, macht den Drink aber weder Bitter (sonst wars zu viel) oder trocken — anders als bei Wermut Cocktails, in denen der Wermut zwar Zucker beisteuert, aber im vergleich zum Old Fashioned einen trockenen Drink fabriziert.
Wenn man eine Kategorie „gesüßte Spirituose“ nennt, dann erwarte ich einen Drink für Leute, die sonst auch gerne pure Spirituosen trinken und jetzt halt nen Glas auf der Basis ihrer Lieblingsspirituose haben sollen, bei der die Spirituose immer noch den Geschmack zu 90% bestimmt.
Auch wenn ich das häufiger sehe, ich würde niemals Negronis und Manhatten-Variationen in eine Kategorie auf eine Karte setzen. Negronis sind vergleichsweise süß und schmecken nur Leuten, die Bitter wirklich mögen. Genau so finde ich es unmöglich, wenn ein Bartender einem Gast einen Negroni empfiehlt ohne vorher abgefragt zu haben, ob der Gast überhaupt auf Bitter steht. Manhattens (einschließlich Boulevardier) und Martinis sind eher trocken (in unterschiedlichen Abstufungen) und herb aber kaum bitter.
Den Martini würde ich absolute nicht in gesüßte Spirituosen einsortieren. Trockener Wermut bringt mit 3% Zuckeranteil viel weniger Zucker in den Drink als 0.5 cl 2:1-Sirup in nem Old Fashioned. Auch geschmacklich ist das klar. Zum vergleich mal nen klassischen Old Fashioned mit Gin rühren, probieren und dann weg schütten.